19. Januar 2016

Lesetour

Das Jahr ist erst wenige Tage alt und trotzdem liegen schon jede Menge Lesungen hinter mir. Zur Zeit bin ich in Zürich und Umgebung unterwegs, freue mich riesig, dass die Schweizer Veranstalter mich auch in diesem Winter wieder eingeladen haben und habe jede Menge Spaß mit den Kindern und Jugendlichen hier.
In diesem Jahr wurden nicht nur Lesungen gebucht, sondern zum ersten Mal auch einige Schreibwerkstätten. Es ist immer wieder toll zu sehen, wie unbefangen Kinder noch ans Schreiben herangehen, wenn man sie nur lässt. Und leider lässt man sie in Schulen viel zu wenig.
Ich weiß, dass das nicht unbedingt an den Lehrern und Lehrerinnen liegt, sondern oft auch am viel zu engen Lehrplan, der so viel vorgibt und nur wenig Freiraum lässt. Kreatives Schreiben ist im normalen Deutschunterricht so gut wie überhaupt nicht vorgesehen.
Genau darüber habe ich gestern mit einigen Kindern in Zürich gesprochen. Wenn ein Kind malen lernt, lernt es den Stift halten, den Pinsel in Farbe tauchen, oft kommen gerade am Anfang Fingerfarben dazu und dann wird gemalt, gekritzelt, gepanscht, geschmiert, was das Zeug hält.


Wenn wir schreiben lernen, dürfen wir bestensfalls am Anfang ein paar Schwungübungen machen, dann lernen wir Buchstaben, erste Wörter, erste Sätze und ziemlich schnell folgen Rechtschreibung und Grammatik. Kreativ ist das nicht wirklich. Schreiben Kinder Fantasieworte oder - sätze, bekommen sie gesagt: "Das Wort gibt es doch gar nicht" und wenn es später ans Aufsatzschreiben geht, sind die Themen bereits vorgegeben und in der Regel sogar die Form. Wir schreiben eine Fabel, wir schreiben ein Märchen, so schreibt man einen Sachtext, so schreibt man einen Brief... Sicher alles wichtiges Handwerk, aber nur wenig kreativ.
LehrerInnen und/oder Jugendgruppenleiter sind immer wieder erstaunt, wenn in den Workshops die Kinder plötzlich anfangen, einfach drauflos zu schreiben. Ihnen reichen zwei, drei Stichworte und vor allem die ERLAUBNIS zu schreiben und schon legen sie los. Alles, was ich als Kursleiter eigentlich tun muss, ist, ihnen die Angst zu nehmen, dass ihr Schreiben nicht in irgendwelche Raster passen könnte. Immer wieder muss ich den Schülern und Schülerinnen sagen: Du bist der Autor. Du bist frei. Schreib! Schreib, wie dir der Schnabel gewachsen ist, schreib, wie du fühlst. Und dann legen sie los. Selbst Schüler, die im Deutschunterricht manchmal Aufsätze mit nur drei Zeilen abgeben, schreiben plötzlich viele Seiten voll.
Natürlich erzähle ich den Kindern auch ganz viel über meinen Beruf. Und ich versuche auch, ihnen die notwendigsten Kniffe eines Schriftstellers zu vermitteln.
In erster Linie versuche ich aber, den Knoten in ihnen zu lösen, die Blockade, diesen Gedanken, jedes Wort von mir, jeder Satz, jeder Schreibfehler wird bewertet, kontrolliert, zensiert.


Manchmal denke ich, es ist kein Zufall, dass die Menschen irgendwann angefangen haben, mit der Feder zu schreiben. Wenn man den inneren Käfig im Kopf öffnet, kann man beim Schreiben fliegen.

1 Kommentar:

Sandra hat gesagt…

Hallo liebe Jutta

Ich hab dein Blog grad beim Stöbern in den Weiten des www entdeckt. Ich führe ein Blog, in dem ich Kinder- und Jugendliteratur vorstell, aber auch in anderen Genres unterwegs bin. Auch habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, Kindern die Welt der Bücher ein Stückweit näher zu bringen, was in der heutigen Zeit nicht ganz so einfach ist. Es gibt für mich nichts schöneres, als den Anblick eines Kindes, das ein Buch in den Händen hält und ganz in der Geschichte versunken ist :) Ich bleib als Leserin hier und bin schon gespannt aus weitere Beiträge

liebe Grüße
Sandra von http://www.sandraskreativelesezeit.blogspot.com