Ich lebe inmitten einer - meiner - Großfamilie in einem Haus mit vielen Zimmern.
Fünf Kinder, das heißt: fünf Kinderzimmer, ein riesiges Wohnzimmer, eine große Küche.
Mein Schreibtisch steht im Wohnzimmer, meistens sitze ich zum Schreiben aber am Küchentisch. Ich liebe es, das Arbeiten mitten im Familienleben. Es fühlt sich an, als ob der Stift in meiner Hand und das Blatt Papier vor mir das Zentrum seien, von dem alles Leben in diesem Haus ausgeht.
Trotzdem hatte ich in letzter Zeit zunehmend das Gefühl, mich aufzulösen. Irgendjemand will immer was von mir. Irgendetwas muss immer getan werden. Irgendwo muss ich immer weichen, meine Sachen wieder wegräumen, weil der Platz gebraucht wird. Manchmal geht das so weit, dass ich mich für wichtige Telefonate mit meiner Agentin oder meinen Verlagen im Bad einschließe, um wenigstens 10 Minuten ungestört zu sein.
Und plötzlich wird mir klar: Ich lebe in einem Haus mit vielen Zimmern, aber es gibt nicht einen einzigen Ort, der nur für mich da ist. Keinen Raum, dessen Tür ich hinter mir schließen kann und in dem ich nur "ich" sein darf.
Schon Virginia Woolf schrieb in ihrem berühmten Essay "A Room of One's Own" aus dem Jahr 1929:
"Eine Frau muss ein Zimmer für sich alleine haben!"
Recht hat sie. Und meine Chancen stehen gut, dass auch ich demnächst meine eigenen vier Wände beziehen darf. Nachdem Kind 1 schon vor einer Weile ausgezogen ist, folgt jetzt Kind 2. Der Gedanke "Wir könnten doch ein Gästezimmer ..." wurde von mir sofort mundtot gemacht. Von wegen Gästezimmer. Mit Virginia Woolf in der einen und Simone de Beauvoir in der anderen Hand erklärte ich meinen ausschließlich männlichen Mitbewohnern, dass ich jetzt mal an der Reihe sei.
"Ich will ein Zimmer für mich allein!", forderte ich. "Und zwar", fügte ich hinzu, noch bevor jemand etwas erwidern konnte, "ein richtiges Mädchenzimmer."
Ich finde, nach jahrelangem Wohnen zwischen Bob der Baumeister, Dinos, Klonkriegern, der Lokomotive Thomas, unzähligen Hotwheels und Skateboards, Fußbällen und Tischkicker darf ich das.
Ich wälze Wohnzeitschriften und Einrichtungsbücher und träume von rosa Streifen und zarten Pastelltönen, von Spitzengardinen und Blümchentapete.
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Quelle: wohnideen.minimalisti.com |
Der entsetzte Blick meiner fünf Männer am Tisch (selbst die drei Kater gucken verwirrt) zeigt mir:
In meinem Mädchenzimmer werde ich definitiv meine Ruhe haben.
Letzte Woche habe ich angefangen, das Zimmer auszuräumen. Jetzt mache ich mich auf die Suche nach der passenden Einrichtung. Ich werde euch auf dem Laufenden halten.