Der Deutsche Jugendliteraturpreis (DJLP) ist der einzige deutsche Staatspreis für Literatur. Er unterscheidet sich von anderen vergleichbaren Preisen in zwei wesentlichen Punkten:Zum einen ist er kein Kulturpreis im üblichen Sinn, sondern eine Maßnahme/ Projekt der Jugendhilfe, und damit deren Zielen (Leseförderung, Integration, Förderung bildungsbenachteiligter Jugendlicher) verpflichtet.Zweitens, dieser Staatspreis ist nicht für unsere eigenen Autorinnen und Autoren reserviert. Im Ausland ist das nirgends der Fall. In allen anderen Ländern sind von den nationalen Jugendliteraturpreisen Übersetzungen ausgeschlossen.
Mit diesen Worten beginnt Dr. Otfried Wolfrum seine Dokumentation über "Die unausgeschöpfte Effektivität des Deutschen Jugendliteraturpreises".
Und bezieht sich damit auf eine Diskussion, die seit fast 60 Jahren, also seit Bestehen dieses Preises geführt wird.
Schon anlässlich der ersten Vergabe dieses Preises im Jahr 1962 sei Kritik laut geworden. Beide Preise wurden damals an Übersetzungen vergeben, was die FAZ kommentierte mit einer "Zweckentfremdung von Bundesmitteln".
Auch später geriet die Vergabepraxis des DJLP immer wieder ins Kreuzfeuer der Kritik. Paul Maar beklagt die Vernachlässigung der Deutschen Nachwuchsautoren und deren Bücher, Wolfgang Bittner nennt den DJLP schlicht "ein Trauerspiel".
Ich bin in einem Forum für rund 100 deutschsprachige Kinder- und Jugendbuchautoren aktiv. Auch hier wird dieser Preis und seine Sinnhaftigkeit alle Jahre wieder diskutiert.
Oft haben wir uns gefragt, warum unsere Bücher so viel schlechter sein sollen, als die der ausländischen Kollegen. Oder anders gefragt: Was haben sie, das wir nicht haben?
Diese Frage hat Otfried Wolfrum für uns in seinem Artikel beantwortet. Er verweist dazu auf die Ausschreibungsrichtlinien, in denen es heißt:
Nominiert und ausgezeichnet werden können ausschließlich Bücher, die im Jahr 2011 erstmals erschienen sind:
- deutschsprachige Originalwerke lebender Autorinnen/ Autoren, Herausgeberinnen/Herausgeber und Illustratorinnen/Illustratoren,
- deutsche Übersetzungen von fremdsprachigen Werken lebender Autorinnen/ Autoren und Herausgeberinnen/Herausgeber.
Was bedeutet das im Klartext?
Entscheidend ist alleine das Erscheinungsjahr in Deutschland.
Es können also von den Verlagen deutschsprachige Bücher aus dem Erscheinungsjahr eingereicht werden, wobei es für die Übersetzungstitel völlig irrelevant ist, wann sie im Original erschienen sind.
Die Titel unserer Kollegen aus dem Ausland hatten also mitunter schon über mehrere Jahre lang Zeit, sich zu etablieren, Preise und Anerkennung im Ausland einzuheimsen, sich einen Namen zu machen.
Die Verlage wissen das. Und reichen deswegen bevorzugt ihre Übersetzungstitel ein.
Deutsche Kinder- und Jugendbuchautoren haben deshalb bereits im Vorfeld wenige Chancen, überhaupt wahrgenommen und nominiert zu werden. Oft sind sie ja zum Zeitpunkt der Einreichungsfrist erst wenige Wochen überhaupt auf dem Markt.
Gleichzeitig sind sie aber auch chancenlos bei den Literaturpreisen in anderen Ländern. Denn dort werden Übersetzungen gar nicht erst zugelassen. Hier gilt das, was wir deutschsprachigen Autoren uns für "unseren" Literaturpreis wünschen. Ausgezeichnet werden ausschließlich heimatsprachliche Bücher, Übersetzungen können nicht eingereicht werden.
Die Richtlinien und die Vergabepraxis des Deutschen Jugendliteraturpreises sollten dringend neu diskutiert werden.
Deutsche Kinder- und Jugendbücher sollten endlich die Anerkennung erhalten, die sie meines Erachtens schon lange verdient haben.
Es geht mir nicht um Deutschtümelei oder Missachtung der wirklich teilweise wunderbaren Jugendbücher aus dem Ausland.
Aber es geht hier um eine dringend notwendige Würdigung deutschsprachiger Kinder- und Jugendbuchautoren für ihre Arbeit.
Die komplette Dokumentation von Herrn Dr. Otfried Wolfrum findet ihr hier: http://www.laetitia-verlag.de/210/Dokumentation_zum_DJLP.html