19. November 2016

Die Schuld der anderen

Heute muss ich einfach mal auf einen Blogger-Kollegen verweisen und  dorthin verlinken. Denn ohne ihn hätte ich dieses Zitat, das so exakt auf die aktuelle Situation nach der US-Präsidentenwahl passt, vermutlich nicht gefunden.



Das Zitat stelle ich Euch hier ein, den Artikel lest ihr dann bitte beim Kaffeehaussitzer!

»Weißt Du, worin die amerikanische Lebensart besteht?«, fragte Richie. Er blickte immer noch aus dem Fenster, das Glas auf halber Höhe zum Mund. 
Ich spürte, wie die Wut im Raum endgültig mit dem Whisky in meinem Blut verschmolz und sich im Sog des Alkohols auflöste. »Nein, Richie. Worin?«
»Einen Schuldigen finden«, sagte er und nahm einen kräftigen Schluck. »Ist doch so. Du arbeitest auf einer Baustelle und lässt einen Hammer auf deinen Fuß fallen? Verklage die Baugesellschaft. Das ist ein Zehntausend-Dollar-Fuß. Du bist weiß und findest keine Arbeit? Gib den Minderheitenprogrammen die Schuld. Du findest keine und bist schwarz? Gib den Weißen die Schuld. Oder den Koreanern. Oder warum nicht gleich den Japanern? Denen gibt sowieso jeder die Schuld. Das ganze Land ist voll von bösen, unglücklichen, verwirrten, beleidigten Menschen, und keiner von denen hat genug Grips, um produktiv mit seiner Situation umzugehen. Sie reden von der guten alten Zeit, als alles noch einfacher war, als ob man in diese Zeit zurückkehren könne. Und weil sie es nicht schnallen, suchen sie sich jemanden, dem sie die Schuld geben können. Nigger, Juden, Weiße, Schlitzaugen, Araber, Russen, Abtreibungsbefürworter, Abtreibungsgegner – sonst noch jemand?«
Ich schwieg. Gegen die Wahrheit lässt sich nicht viel einwenden.

(aus: Ein letzter Drink von Dennis Lehane)


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